Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)
B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT MTF verfügt eine OTF über einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung eines Ge - schäfts. OTF dürfen bei Handelsaktivitäten kein eigenes Kapital einsetzen. Ebenso wurde die Kategorie „KMU-Wachstumsmarkt“ eingeführt. Eine MTF kann sich unter Bedingungen als ein solcher Markt registrieren las - sen. Eine Stakeholder-Expertengruppe, die bei der Kom - mission angesiedelt ist, hat den Auftrag, den Erfolg der KMU-Wachstumsmärkte zu bewerten. Darüber hinaus regelt MiFIR die systematische Internalisierung, d. h. die systematische Ausführung von Kundenorders gegen den eigenen Bestand, ohne über einen geregelten Markt zu gehen. Die systematische Internalisierung ist insbesonde - remit weitreichenden Vorhandelstransparenzvorschriften verbunden; so muss ein systematischer Internalisierer grundsätzlich zu den von ihm veröffentlichten Quotes abschließen. Für Orders, die über einer standardmäßigen Marktgröße liegen, geltendie Vorschriften allerdings nicht. Hinzu tritt die Pflicht zur Nachhandelstransparenz für Wertpapierfirmen bei allen außerbörslichen Geschäften in Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zu - gelassen sind. Schließlichwurde durchMiFID II bestimmt, dass der Handel mit bestimmtenDerivaten ausschließlich an geregelten Märkten, MTF oder OTF stattfinden darf. ImFalle von Aktien und vergleichbaren Finanzinstrumen - tenwird zwischen Vorhandelstransparenz und Nachhan - delstransparenz unterschieden. Für alle Arten von Han - delsplätzen gelten identische Vor- und Nachhandels- transparenzanforderungen, auch die Anforderungen hinsichtlich der organisatorischen und marktaufsichtli - chen Aspekte sind gleich. Für Marktbetreiber und Wert - papierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, gilt die Verpflichtung, regelmäßig die aktuellen Geld- und Briefkurse sowie die Tiefe der Handelspositionen zu ihren Kursen zu veröffentlichen. Die Transparenzanforderun - gen gelten auch für verbindliche Interessenbekundungen („actionable indications of interest“, IOI). Zu veröffentli - chen sind außerdemPreis, Volumen sowie Zeitpunkt der Geschäfte. Die Vorhandelstransparenz kennt mit dem „reference price waiver“, „negotiated price waiver“, „large in scale waiver“ und dem „order management waiver“ verschiedene Freistellungsmöglichkeiten. Hin - sichtlich der Transparenzvorschriften für andere Finanz instrumente als Aktien werden Anforderungen an Vor- und Nachhandelstransparenz, zugeschnitten auf die jeweiligen Instrumente, festgelegt. Zuständige Behörden können Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz gewähren. Bei der Nachhandelstransparenz ist in be - stimmten Fällen eine spätere Veröffentlichung möglich. Für im OTC-Handel tätige Wertpapierfirmen gibt es für die systematische Internalisierung imFall von Schuldver - schreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissi - onszertifikaten und Derivaten Transparenzvorschriften. Für Aktien und eigenkapitalähnliche Instrumente gibt es hier eine Mindestkursoffertengröße und die Angabe von Brief- und Geldkurs ist verpflichtend. Die Vorschriften zur Nachhandelstransparenz entsprechen denen für Handel - splätze und sind auf Aktien, Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate anwendbar. HandelsplätzemüssenNachhandelsinformationenbinnen 15 Minuten nach Ausführung eines Geschäfts kostenlos verfügbar machen und Vor- und Nachhandelsdaten ge - trennt voneinander bereitstellen. Wertpapierfirmen müssen ihre Handelsberichte inklusive OTC-Geschäfte über genehmigte Veröffentlichungssysteme (APAs) publik machen. MiFID II enthält dieGenehmigungsverfahren und Organisationsanforderungen für solche Systeme sowie die Bedingungen für Anbieter konsolidierter Datenticker. Alle Geschäfte mit Finanzinstrumenten sind an die zu - ständigen nationalen Behörden zu melden. Dies dient der Erhaltung der Marktintegrität und insbesondere der Aufdeckung marktmissbräuchlichen Verhaltens. Ausge - nommen sind Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die oder deren Basiswert nicht an einem Handelsplatz ge - handelt werden. Die zuständigen Behörden sollen in allen Phasen der Auftragsausführung uneingeschränkten Zu - gang zu den Aufzeichnungen haben. Auftragsdaten müssen für die Aufsichtsbehörden mindestens fünf Jahre lang zugänglich sein. Kunden und die für die Aus - führung eines Geschäfts verantwortlichen Personen müssen identifiziert werden. Handelsplätze müssen Einzelheiten zu Geschäften melden, die von Firmen ab - geschlossen wurden, die nicht den allgemeinen Melde - pflichten unterliegen. Die Meldung kann über von der Aufsichtsbehörde genehmigte Meldemechanismen (Approved Reporting Mechanism, ARM) erfolgen. Im Hinblick auf Warenderivate können Aufsichtsbehör - den von jeder Person Angaben zu den Positionen verlan - gen, die sie in derivativen Instrumenten sowie in Emissi - onszertifikaten hält. Sie können jederzeit während des Bestehens eines Derivatkontrakts auf eine Verringerung 68 B
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