Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)

B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT der Position hinwirken. Positionen können zudem im Voraus beschränkt werden. Handelsplätze, auf denen warenunterlegte Derivatkontrakte gehandelt werden, müssen Obergrenzen oder alternative Regelungen be - schließen und den Regulierungsbehörden systematische, detaillierte und standardisierte Informationen über Po - sitionen zur Verfügung stellen. Zuständige Behörden können Produkte, Praktiken und Dienstleistungen in Abstimmung mit ESMA verbieten, wovon in den meisten Mitgliedstaaten hinsichtlich des Vertriebs von Differenzkontraktenmit Nachschusspflicht sowie von binären Optionen an Privatkunden Gebrauch gemacht wurde. ESMA kann ein solches Produktverbot EU-weit vorübergehend erlassen. Durch COVID-19 bedingter „Quick fix“ Vom 17. Februar bis zum 18. Mai 2020 konsultierte die Kommission die Überarbeitung des MiFID II/MiFIR-Rechts - rahmens. Die geplante Überarbeitung musste jedoch wegen der COVID-19-Pandemie verschoben werden. Stattdessen veröffentlichte die Kommission am 24. Juli 2020 zur Abmilderung der Folgen der Pandemie kurzfris - tig einen Änderungsvorschlag für bestimmte Aspekte der MiFID II (sog. Quick Fix). Am 26. Februar 2021 wurde die Änderungsrichtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Der Quick Fix vereinfacht Geschäfte mit geeigneten Ge - genparteien und professionellen Kunden imHinblick auf die Informations- und Berichtspflichten. Anleihenmit sog. Make-whole-Klauseln, sowie alle Finanzinstrumente, die an geeignete Gegenparteien vertrieben werden, werden von den Vorgaben zur Product Governance ausgenom - men. Ausführungsplätze werden von der Pflicht zur Er - stellung von Quartalsberichten zur bestmöglichen Auf - tragsausführung zeitweise befreit. Dies gilt jedoch nicht für die jährlichen Berichte der Wertpapierfirmen über Ausführungsqualität und TOP-5 Ausführungsplätze. Do - kumente können Kunden künftig ausschließlich in elek­ tronischemFormat zur Verfügung gestellt werden. Retail - kunden haben die Möglichkeit, sich trotzdem für die papierbasierte Informationsbereitstellung zu entschei - den. Bei Transaktionen im Rahmen einer Fernkommuni - kation können die ex-ante Kosteninformationen künftig den Kunden auch nach Abschluss der Transaktion unver - züglich übermittelt werden, sofern sie darauf hingewiesen werden und damit einverstanden sind. Alternativ kann die Transaktion auf Wunsch der Kunden ausgesetzt wer - den. Für das Research sind Erleichterungen vorgesehen, wenn es sich u. a. auf Emittenten mit einer Marktkapita - lisierung von bis zu 1 Mrd. Euro bezieht. Zahlungen für Ausführungs- und Analysedienstleistungen können unter bestimmten Umständen auchwieder gebündelt werden. Die Überarbeitung der MiFIR ist derzeit für Ende 2021 und der MiFID II für die erste Jahreshälfte 2022 vorgesehen. Der durch MiFID II und MiFIR geschaffene Rechtsrahmen wird durch zahlreiche delegierte Rechtsakte ergänzt, von denen die meisten von ESMA entworfene technische Re - gulierungsstandards und Durchführungsstandards bein - halten. Ein Verständnis vom Umfang dieses Rechtsrah - mens ist ohne die Kenntnis dieser delegierten Gesetzgebung nicht möglich. In diesem Zusammenhang bedeutsam ist die Annahme von zwei delegierten Rechtsakten (C(2021) 2612 und 2616) durch die Kommis - sion am21. April 2021, durch die Nachhaltigkeitsfaktoren Gegenstand der Zielmarkbestimmung im Rahmen der Produktherstellungwerden undNachhaltigkeitspräferen - zen des Kunden bei Anlageberatung und Vermögensver - waltung berücksichtigt werden müssen. Die Nachhaltig - keit qualifiziert sich nach der Offenlegungsverordnung bzw. der Taxonomie-Verordnung (siehe Kapitel K) . BEWERTUNG Die Vorgaben der MiFID II/MiFIR sindwesentlich detail - lierter als die der MiFID I und führten zusammen mit den umfangreichen Vorgaben einer Vielzahl von un - mittelbar geltenden Durchführungsmaßnahmen zu erheblichem Anpassungsbedarf bei der Kreditwirt - schaft. ImVerlauf der Verhandlungen konnten in eini - gen Fällen Anpassungen erreicht werden, die eine Handhabung in der Praxis erleichtern. Sowurde beispielsweise das zunächst in Deutschland eingeführte Beratungsprotokoll durch die Geeignet - heitserklärung ersetzt. Zudem müssen Banken sowohl bei Herstellung als auch Vertrieb ein umfassendes Product Governance Verfahren einrichten und in diesem Zusammenhang einen Zielmarkt bestimmten. Zudemwerden sie beim 69 B

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