Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)
B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT Die Rechtsakte stellen auch einen Rechtsrahmen für die Regulierung von Finanz- und Wertpapieranalyse (Re search) dar, wobei die Bestimmungen durch jene der MiFID ergänzt werden. In der Verordnung wird der Anwendungsbereich der EU-Rechtsvorschriften für Finanzinstrumente so ausge - dehnt, dass nun der Handel auf multilateralen und orga - nisierten Plattformen sowie der börsliche Handel und davon abhängige Finanzinstrumente erfasst sind. Es wird klargestellt, welche Handlungen Marktmanipulationen darstellen: z. B. Handlungen, die falsche oder irreführen - de Signale hinsichtlich des Angebots, der Nachfrage oder des Preises eines Finanzinstruments geben; Tätigkeiten, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Kunstgriffe oder Formen der Täu - schung den Kurs eines Finanzinstruments beeinflussen können; die Übermittlung falscher oder irreführender Angaben bezüglich eines Referenzwerts oder Strategien des Hochfrequenzhandels wie die Erteilung vonHandels aufträgen ohne Handelsabsicht zur Störung eines Han - delssystems („Quote Stuffing“). Der Geltungsbereichwird zudemerweitert auf Marktmissbrauch, sowohl anWaren - märkten als auch an den zugehörigen Derivatemärkten. Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse der Regulierungs - behörden: Die bisherige Regelung für das Melden ver - dächtiger Transaktionen wird auf noch nicht ausgeführ - te Handelsaufträge und verdächtige OTC-Geschäfte erweitert. Regulierungsbehörden haben das Recht auf Zugang zu Datenverkehrsaufzeichnungen von Telekom - munikationsgesellschaften. Sie werden zudem ermäch - tigt, bei begründetem Verdacht auf Insider-Geschäfte oder Marktmanipulation Privaträume zu betreten, um auf Dokumente zuzugreifen. Der Zugang zu Privaträumen bedarf einer vorherigen gerichtlichen Anordnung. Dane - ben werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, für den Schutz von Informanten Sorge zu tragen. In Bezug auf Anreize für die Übermittlung von Informationen über Marktmissbrauch soll es gemeinsame Regeln geben. Der Versuch der Marktmanipulation wird als Rechtsverstoß eingestuft. Die Geldbuße soll dabei grundsätzlich min - destens so hoch sein wie der aus dem Marktmissbrauch resultierende Gewinn, maximal doppelt so hoch. Verringerung des Verwaltungsaufwands für KMU: Die Offenlegungspflichten für die an KMU-Wachstumsmärk - ten tätigen Emittenten werden an deren Erfordernisse angepasst. Die Schwelle für das Vorliegen einer Markt - sondierung und einer damit einhergehenden Veröffent - lichung von Insiderinformationen ist höher als bei der Emission an anderen Märkten. Die betroffenen Emitten - ten werden zudem von der Pflicht zur Aufstellung von Insiderlisten unter bestimmten Bedingungen befreit. Eine Schwelle für die Meldung der Eigengeschäfte von Führungskräftenwird eingeführt und es wird klargestellt, dass als Eigengeschäft auch das Verpfänden und Verlei - hen von Finanzinstrumenten verstanden wird. In der Richtlinie werden zwei Arten von rechtswidrigem Handeln definiert: Insider-Geschäfte und Marktmanipu - lation. Die Mitgliedstaaten sollen die vorsätzliche Bege - hung folgender Taten als Straftat einstufen: → Ein Insider-Geschäft ist gegeben, wenn eine Person, die über kursrelevante Insiderinformationen verfügt, mit den betreffenden Finanzinstrumenten Handel treibt oder einer dritten Person empfiehlt, mit den entspre - chenden Finanzinstrumenten zu handeln. → Marktmanipulation liegt vor, wenn eine Person die Kurse von Finanzinstrumenten durch Praktikenwie die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen künstlich manipuliert und mit den betreffenden Inst - rumenten Geschäfte macht, um einen Gewinn zu er - zielen (inklusive Benchmarkmanipulation). → Der Strafrahmen soll bei einem Höchstmaß von vier Jahren Freiheitsstrafe für Insider-Geschäfte undMarkt - manipulation sowie bei einem Höchstmaß von zwei Jahren für unrechtmäßige Offenlegung von Insiderin - formationen liegen. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Anstiftung und Beihilfe zu Insider-Geschäften und zur Marktmanipula tion sowie den Versuch der Rechtsverstöße ebenfalls unter Strafe zu stellen. Die strafrechtliche Verfolgung soll dabei auf juristische Personen erstreckt werden. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass die verhängten strafrechtlichen Sanktionen wirksam, ver - hältnismäßig und abschreckend sind. 72 B
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