Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)

B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT Wertpapiere dürfen in der EU grundsätzlich nur nach vorheriger Veröffentlichung eines Prospekts in Überein - stimmung mit der Verordnung öffentlich angeboten werden. Die Mitgliedstaaten können Angebote von Wertpapieren ausnehmen, sofern ihr Gesamtnominal - wert 8 Mio. Euro nicht überschreitet, berechnet auf zwölf Monate. Die Prospektverordnung beinhaltet imWeiteren: Retailkaskade: Es besteht keine originäre Prospektpflicht auf nachgelagerten Vertriebsstufen, wenn ein gültiger Prospekt vorhanden ist und der Emittent bzw. der Pros - pektersteller der Prospektverwendung schriftlich zuge - stimmt hat. Prospekterstellung: Der Prospekt muss die erforderli - chen Informationen enthalten, die für den Anleger wesentlich sind, um sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Gewinne und Verluste, die Finanzlage und die Aussichten des Emittenten und eines etwaigen Garantiegebers sowie die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte bilden zu können. Prospektzusammenfassung: Die Prospektzusammen - fassungmuss in einemFormat erstellt werden, das einen Vergleich von Wertpapieren ermöglicht. Sie soll nicht mehr als sieben gedruckte Seiten umfassen. Inhaltlich soll die Zusammenfassung zudem die „wesentlichen Informationen“ über die Wertpapiere enthalten. Dazu gehören: Informationen über den Emittenten; eine War - nung, dass der Investor das angelegte Kapital verlieren könnte; eine kurze Beschreibung über Art und Umfang der Garantie; eine kurze Beschreibung der wesentlichen Risikofaktoren; eine kurze Darstellung der Gründe des Angebots bzw. der Bedingungen für die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt. Basisprospekt: Der Prospekt kann für Nichtdividenden - werte, einschließlich Optionsscheinen jeglicher Art, aus einemBasisprospekt bestehen. Ermuss einMustermit der Bezeichnung „Formular für die endgültigenBedingungen“ beinhalten, das für jede einzelne Emission auszufüllen ist. Die endgültigenBedingungenmüssen auchden Aufsichts - behörden der weiteren Mitgliedstaaten, in denen der Prospekt veröffentlicht wird, übermittelt werden. Außerhalb von Börsenplätzen können KMU und nicht notierte Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern zukünftig einen EU-Wachstumsprospekt erstellen. Das gilt auch für Unternehmenmit einer Marktkapitalisierung vonunter 500Mio. Euro, dieZugang zueinemKMU-Wachs - tumsmarkt suchen. An den EU-Wachstumsprospekt werden künftig deutlich reduzierte inhaltliche Anforde - rungen gestellt und durch eine standardisierte Form soll die Prospekterstellung erleichtert werden. Sekundär­ emissionen von Emittenten, die bereits Transparenzfol - gepflichten aufgrund ihrer Notierung an einer Börse oder einem KMU-Wachstumsmarkt unterliegen, profitieren von vereinfachten, für KMU besser geeigneten Prospekt­ anforderungen. Gültigkeit: Prospekte sowie das Registrierungsformular haben eine Gültigkeit von zwölf Monaten. Zur elektroni - schen Veröffentlichungsform von Prospekten ist die Veröffentlichung auf der Website des Emittenten ausrei - chend. Alle gebilligten Prospektemüssen somindestens zehn Jahre lang zugänglich sein. Nachtragspflicht: Jeder wichtige neue Umstand muss unverzüglich in einem Nachtrag zum Prospekt genannt bzw. aktualisiert werden. Dieser Nachtrag ist innerhalb von höchstens fünf Arbeitstagen auf die gleiche Art und Weise wie der Prospekt zu billigen. Notifizierung: Der Billigungsbehörde obliegt die Pflicht, die Emittenten oder den Prospektersteller über die No - tifizierung seines Prospektes zu informieren. Risiken müssen spezifisch formatiert, kategorisiert und gewichtet werden. ESMA hat hierzu im Oktober 2019 Leitlinien veröffentlicht. Die Prospektverordnung wird durch eine Reihe delegier - ter Rechtsakte und technischer Regulierungsstandards sowie Leitlinien und Q&A der ESMA ergänzt. Der Umset - zungsaufwand der Prospektverordnung hängt in weiten Teilen von dieser recht umfangreichen delegierten Ge - setzgebung ab. Durch COVID-19 bedingter „Quick fix” Am 24. Juli 2020 veröffentlichte die Kommission als Maßnahme zur Erleichterung der Auswirkungen der 77 B

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