Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)
B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT Der Anwendungsbereich der Verordnung ist weit gefasst, wobei jedoch als kritisch erachtete Benchmarks strenge - ren Regeln unterworfenwerden sollen. Dazu gehört auch, dass die jeweils zuständige Behörde das Beitragen von Eingabedaten anordnen kann. Die Verordnung findet keine Anwendung auf die Bereitstellung von Benchmarks von Zentralbanken und – unter gewissen Umständen – von zentralen Gegenparteien und Behörden. Benchmark-Administratoren müssen eine Zulassung beantragen und unterliegen der Aufsicht durch die zu - ständige Behörde des Landes, in dem sie angesiedelt sind. Von den Administratoren wird verlangt, dass sie über angemessene Regelungen zur Unternehmensfüh - rung und entsprechende Kontrollen verfügen, um Inter - essenkonflikte zu vermeiden. Für die Administratoren von Indizes, die als Benchmark verwendet werden, und die Benchmarks selbst wurde ein Register eingeführt. Auch der Schutz der Indexprovider imFalle der unberech - tigten Nutzung eines Indexes als Benchmark wurde vorgesehen. Benchmarks unterliegen Anforderungen zu ihrer Größe und Art undmüssen gleichzeitig einemKernbestand von Mindestanforderungen entsprechen. Die Verordnung kennt drei Kategorien von Benchmarks: → Kritische Benchmarks werden als Bezugsgrundlage für Finanzinstrumente oder Finanzkontrakte oder zur Bestimmung der Wertentwicklung von Investment - fonds im Gesamtwert von mindestens 500 Mrd. Euro auf der Grundlage der gesamten Laufzeiten der Benchmarks genutzt. Ebenfalls kritische Benchmarks sind solche, die auf Eingaben von Kontributoren beru - hen, die hauptsächlich in einemMitgliedstaat ansässig sind und in diesemMitgliedstaat als kritisch gelten. → Signifikante Benchmarks werden als Bezugsgrundla - ge für Finanzinstrumente oder Finanzkontrakte oder zur Bestimmung der Wertentwicklung von Investment - fonds imGesamtwert vonmindestens 50Mrd. Euro auf der Grundlage der gesamten Laufzeiten der Benchmarks über einen Zeitraum von sechs Monaten genutzt. → Nicht signifikante Benchmarks unterliegen einer weniger strengen Regulierung nach dem „Comply or explain“-Prinzip (also der verpflichtenden Begründung von Abweichungen). ESMA koordiniert die Überwachung der Benchmark-Ad - ministratoren über die zuständigen nationalen Behörden. Was kritische Benchmarks anbelangt, so wird ein Kolle - gium aus nationalen Aufsichtsbehörden einschließlich der ESMA eingesetzt, das grundlegende Entscheidungen trifft. Für die Nutzung alter, den regulatorischen Anforderun - gen nicht genügender kritischer Benchmarks (EURIBOR, EONIA) war eine Frist bis zum 31. Dezember 2019 vorge - sehen, die durch die Änderungsverordnung zu Kli - ma-Benchmarks um zwei Jahre verlängert wurde. Paral - lel zu diesen Arbeiten hat inzwischen die EZB eine eigene Overnight-Rate (€STR) als Ersatz für den EONIA erarbeitet und zur Verfügung zu gestellt. Durch Verordnung (EU) 2019/2089 wurden Referenzwer - te im Zusammenhang mit dem klimabedingten Wandel in den Anwendungsbereich der Benchmarks-Verordnung aufgenommen. Die neue Referenzwertkategorie umfasst einen Referenzwert für CO 2 -arme Investitionen, der auf einem Standard-Referenzwert für Dekarbonisierung basiert, und einen Referenzwert mit günstiger CO 2 -Bilanz, mit dem die Ausrichtung eines Anlageportfolios an den Klimaschutzzielenmöglich und transparent werden soll. Weiterhin sind bestehende Referenzwerte und Referen - zwertkategorien anhand von ESG-Faktoren zu bewerten und die Ergebnisse in der Referenzwert-Beurteilung zu veröffentlichen. Die Referenzwerte für CO 2 -arme Investitionen und mit geringer CO 2 -Bilanz werden als „EU Climate Transition Benchmark“ und „EU Paris-aligned Benchmark“ bezeich - net. Die auf den Klimawandel bezogene Benchmark ba - siert auf einemStandard-Referenzwert für Dekarbonisie - rung und soll als Alternative zu den üblicherweise benutzten Benchmarks dienen. Mit dem auf das Über - einkommen von Paris (1,5°-Ziel) abgestimmten EU-Refe - renzwert soll die Ausrichtung eines Anlageportfolios an den Klimaschutzzielenmöglich und transparent werden. Absicht ist, „Greenwashing“ zu verhindern, d. h. eine Täuschung von Investoren durch irreführende oder un - begründete Aussagen zu umweltfreundlichenWirkungen der Benchmark. 89 B
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