Kreditwirtschaftlich wichtige Vorhaben der EU (2021)
B. KAPITALMARKT- UND WERTPAPIERRECHT I. IN DEUTSCHLAND GELTENDES EU-RECHT Transaktionen innerhalb einer Gruppe. Die vorüberge - hende Befreiung von den zentralen Clearing-Anforderun - gen für Altersversorgungssysteme ist mehrfach verlän - gert worden. Durch den EMIR REFIT wurde eine neue Kategorie von kleinen finanziellen Gegenparteien einge - führt, die nicht verpflichtet ist, ihre Transaktionen durch eine zentrale Gegenpartei clearen zu lassen; den Ver - pflichtungen zur Risikominderung jedoch weiterhin un - terworfen ist. Überschreitet eine kleine finanzielle Ge - genpartei eine Clearingschwelle für eine bestimmte Derivateklasse, ist sie für alle Derivateklassen clearing - pflichtig. ImGegensatz dazu sind nichtfinanzielle Gegen - parteien (Unternehmen) nur jeweils für die Assetklassen clearingpflichtig, für die sie die Clearingschwelle über - schreiten. Es besteht die Möglichkeit der indirekten Teilnahme an der zentralen Abwicklung als Kunde eines Kunden eines Clearing-Mitglieds (Clearing-Kette). Zur Feststellung der Clearingpflicht für OTC-Deriva - te-Kontrakte wird auf die Regelungen zur Berechnung und Festlegung der Clearingschwelle und auf die jewei - ligen Gegenparteien Bezug genommen. Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Kontrakte abgeschlossen oder verlängert wurden, wird auf den Zeitpunkt des Inkraft - tretens der Clearingpflicht Bezug genommen. Das In - krafttreten der Clearingpflicht wird derzeit für Zins- und Kreditderivate in den Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 2015/2205 und (EU) Nr. 2016/592 geregelt. Eine fi - nanzielle Gegenpartei wird clearingpflichtig, wenn die einschlägige Durchschnittsposition bestimmte, näher geregelte Clearingschwellen überschreitet. Mit Über - schreiten der Clearingschwelle auch bei nur einer OTC-Derivate-Kategorie wird die Clearingpflicht für alle OTC-Derivate-Kategorien ausgelöst. Eine finanzielle Gegenpartei unterliegt nicht mehr der Clearingpflicht, wenn die Clearing-Schwellenwerte eines laufenden Jahres nicht überschritten werden. Zur Berechnung der Clearingschwelle berücksichtigt die finanzielle Gegen - partei alle OTC-Derivate-Kontrakte, die von ihr oder anderen Unternehmen ihrer Gruppe abgeschlossen wurden. AlleDerivatetransaktionen – also nicht nur OTC-Derivate – müssen an Transaktionsregister gemeldet werden. Auf - sichtsbehörden haben Einblick in die von den Transakti - onsregistern gesammelten Daten. Zusätzlich müssen die Register eingegangene Positionen unterteilt nach Deriva - teklassen in aggregierter Formveröffentlichen. Finanziel - le Gegenparteienmüssen Transaktionenmit nichtfinanzi - ellen Gegenparteien, die nicht clearingpflichtig sind, für diese mitmelden. Für historische Transaktionen, die am Tag des Beginns der Clearingpflicht nichtmehr ausstehen, besteht keine Meldepflicht. Als Datum für den Beginn der Clearingpflicht wurde der 12. Februar 2014 festgelegt. In - tragruppentransaktionen unterfallen nicht der Melde - pflicht, sofern es sich bei einer der Gegenparteien umeine nichtfinanzielle Gegenpartei handelt. Zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister in Drittländern müssen von ESMA nach vorgegebenen Kri - terien anerkannt werden. Dazu muss u. a. im Vorfeld die Europäische Kommission die gesetzlichen und aufsicht - lichen Rahmenbedingungen in diesem Drittland als gleichwertig („äquivalent“) zu den europäischen Stan - dards eingestuft haben und ESMA muss ein Kooperati - onsabkommen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde des Drittlands abgeschlossen haben. ImFalle von Trans - aktionsregistern muss zusätzlich ein Abkommen zwi - schen der Kommission und dem Drittland hinsichtlich des gegenseitigen Zugangs zu Daten und des Informati - onsaustausches vorliegen. Mit EMIR 2.2 wurde ein Zweiklassensystem eingeführt, das zwischen für die EU systemisch relevanten und nicht relevanten zentralen Gegenparteien unterscheidet. Systemisch nicht relevan - te zentrale Gegenparteien (sog. Tier-1-CCPs) können weiterhin unter dembestehenden Äquivalenzregime für Drittstaaten arbeiten. Für systemisch relevante zentrale Gegenparteien (Tier-2-CCPs) wird ein deutlich umfang - reicherer Anforderungskatalog gelten. Zentrale Gegen - parteien, für die selbst die erweiterten Anforderungen als nicht angemessen zur Adressierung sämtlicher Risiken erachtet werden, soll die Europäische Kommission zur Niederlassung in der EU verpflichten können. Die Unter - scheidung anhand der Klassifizierung obliegt ESMA. ESMA ist zuständig für die Anerkennung und Überwa - chung von Tier-1-CCPs. Tier -2-CCPs müssen zusätzliche Anforderungen erfüllen. ESMA soll sicherstellen, dass Tier1- und Tier-2-CCP in Drittstaaten fortlaufend die Vorschriften einhalten, und kann z. B. verlangen, dass sich eine Tier-2-CCP aus einem Drittstaat Prüfungen vor Ort unterzieht. Zu diesem Zweck wurde bei ESMA ein CCP-Exekutivausschuss eingerichtet. Derzeit sind 38 zentrale Gegenparteien aus Drittstaaten (inklusive 3 in UK ansässiger) imRahmen des Äquivalenzregimes aner - kannt. 95 B
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